Liebe Freundinnen und Freunde der Turtle Foundation,
momentan befinden wir uns inmitten zweier wichtiger Nistsaisons für unterschiedliche Arten von Meeresschildkröten. Gegen Ende des kommenden Monats steht das Finale der diesjährigen Nistsaison der gefährdeten Art der Unechten Karettschildkröte (Caretta caretta) auf Boa Vista bevor. Die Zahlen der bisher geschützten Nester und die niedrige Anzahl von Wildereifällen lassen auf eine erfolgreiche Saison hoffen.
Gleichzeitig laufen die Vorbereitungen für die Nistsaison einer besonders gefährdeten Population der imposanten Lederschildkröte (Dermochelys coriacea), aus der sich ein Teil der erwachsenen Tiere gerade auf den Weg zu ihren Niststränden im nordöstlichen Indischen Ozean macht.
Auf den Projektinseln Sipora (Mentawai-Archipel) und Selaut Besar (Aceh) in West-Sumatra ist das Team der Yayasan Penyu Indonesia damit beschäftigt, die Camps und Hatcherys (künstlich angelegten Brutplätze) vorzubereiten, das Equipment und die Verpflegung für die kommenden Monate zu beschaffen. Zudem wurde ein neues Basislager auf Simeulue eingerichtet, das die Transporte von Equipment und Rangern auf die entlegene Insel Selaut Besar deutlich erleichtert.
Was ansonsten noch während der letzten Monate in unseren Projektgebieten passiert ist, möchten wir Ihnen gerne in diesem Newsletter berichten.
Boa Vista: Unterstützung beim Schutz der Unechten Karettschildkröte
In diesem Jahr wird unsere Artenschutzarbeit auf Boa Vista vom “Biodiversity and Protected Areas Management (BIOPAMA) Programme” gefördert. Das vereinbarte Ziel ist es, die langfristige Erholung der Bestände der bedrohten Unechten Karettschildkröte zu erreichen.
Mit den bewilligten Geldern ist es uns möglich, die Effizienz des Teams zu steigern: Insgesamt vier neue Drohnen wurden angeschafft, um gemeinsam mit drei weiteren vor Ort ansässigen Naturschutzorganisationen und dem Umweltministerium morgendliche Patrouillen aus der Luft auszuführen. Der Plan: die Zahl von verirrten Schildkröten minimieren, die aufgrund von Erschöpfung oder Dehydrierung sterben. Mithilfe der Drohnen ist es möglich, die Tiere bereits frühzeitig aufzuspüren und zurück ins Meer zu bringen. Außerdem lassen sich weitere Bedrohungsszenarien identifizieren, darunter das verbotene Befahren der Niststrände.
Das Drohnenflugtraining wurde von unseren Kollegen Adilson Ramos und Emilio Landim für insgesamt acht neue Piloten aus allen vier Organisationen angeboten. Dies gab uns die Chance, die Fähigkeiten des Drohnenteams der Fundaçao Tartaruga unter Beweis zu stellen und gleichzeitig die Ausbildung einheimischer Kollegen durch kapverdische Experten zu fördern.
Banggai: Rotalgen-Anbau als nachhaltige Einkommensquelle
Als Teil unseres Anti-Schildpatt-Projekts in Banggai, Zentral-Sulawesi haben wir vor einiger Zeit damit begonnen, auf der Insel Tembang die örtliche Bevölkerung bei der Rotalgen-Zucht zu unterstützen. Der Gedanke dahinter ist, dass sich die Dorfbewohner durch den Anbau der schnellwachsenden Algen ein alternatives Einkommen zur Fischerei schaffen. Denn diese treibt die meisten Familien durch finanzielle Abhängigkeiten in die Schuldenfalle. Das Projekt wurde von einem Experten für Aquakultur begleitet und trägt bereits heute erste Früchte. Nachdem sich eine Gruppe Interessierter in der Dorfgemeinschaft gegründet hatte, wurden die ersten Setzlinge vor der Küste angepflanzt.
Seit Mai dieses Jahres pflegen die Gruppenmitglieder die angelegte Kultur, kontrollieren ihr Wachstum und säubern sie von Fadenalgen. Die erste Ernte der vielseitig einsetzbaren Algenart, die vor allem im asiatischen Raum beliebt ist, konnte bereits eingefahren werden.
Neues Projekt „Stärkung der Rolle von Frauen und jungen Menschen im Artenschutz“
Unter dem portugiesischen Projekttitel „Capacitação de mulheres e jovens na conservação das tartarugas“ widmen wir uns seit Juli einem besonderen Thema auf Boa Vista. Im Folgenden erzählt unsere Projektkoordinatorin Stephany Lopes, worum es dabei geht:
Turtle Foundation (TF): Stell uns doch bitte das Projekt, das vom GEF Small Grants Programme gefördert wird, und seine Ziele kurz vor.
Stephany Lopes (SL): Gerne. Studentinnen kapverdischer Universitäten nehmen für ein bis zwei Monate an diesem Programm teil, das ihnen Seite an Seite mit unseren Rangern und Volontären praktische Fähigkeiten im Artenschutz vermittelt. Dazu zählen u. a. Strandpatrouillen, die biometrische Datenerfassung und das Management der Hatcherys. Gemeinsam organisieren sie Umweltbildungseinheiten und Strandsäuberungsaktionen für ortsansässige Kinder und Erwachsene, was deren Verantwortungsbewusstsein stärkt. Dieser Wissensaustausch kommt allen Teilnehmenden zugute, da er sich auf die eigenen Stärken und Erfahrungen konzentriert sowie letztlich die Fähigkeiten der Studentinnen und Ranger fördert. Das Projekt bindet auch die örtliche Gemeinschaft ein und ermöglicht es ihr, die Aktivitäten nach Projektabschluss in ihren eigenen Gemeinden fortzusetzen.
TF: Welcher Teil des neuen Projekts gefällt dir persönlich am besten?
SL: Das Projekt eröffnet Frauen insgesamt neue Möglichkeiten. Viele von ihnen haben beispielsweise noch niemals ihre Heimatinsel verlassen oder ein Flugzeug betreten. Zudem ermutigt es Frauen, im Artenschutz zu arbeiten, und verhilft ihnen zu mehr Selbstbestimmung und Autonomie.
TF: Was denkst du, welche Auswirkungen werden die Projektaktivitäten haben, kurzfristig und langfristig?
SL: Kurzfristig werden die Aktivitäten die Arbeitsbedingungen in den Camps verbessern. Durch die englischen Sprachkurse haben die Studierenden dazu beigetragen, dass sich die Kommunikation zwischen Rangern und ausländischen Volontären verbessern konnte. Langfristig werden wir sicherlich mehr Bewerbungen von weiblichen Rangern erhalten, da viele Teilnehmende die Erfahrung sehr positiv bewerten und nächstes Jahr wiederkehren möchten, um mit uns zu arbeiten. Außerdem profitieren die Ranger von den neu gewonnenen Erkenntnissen aus dem Austausch mit den Universitäten, die ihnen für die Zukunft nützlich sein werden.
Das Meer ist überall: Wir waren beim RhineCleanUp dabei
Nicht nur auf den Kapverden und in Indonesien sind wir im Einsatz, um die bedrohten Meeresschildkröten vor dem Aussterben zu bewahren. In diesem Monat hatten wir direkt vor der Haustür der Kölner Geschäftsstelle einen Termin im Kalender stehen – den RhineCleanUp. Am 9. September waren wir eine von vielen Organisationen und Privatpersonen, die dem Aufruf nach einer großflächigen Müllsammelaktion entlang des gesamten Flussverlaufs des Rheins folgten. Gemeinsam mit unseren Freunden der lokalen Aufräum-Initiative K.R.A.K.E e. V. trugen wir unseren Teil dazu bei, dass am Ende innerhalb eines Tages ganze 1,8 Tonnen Müll an den Rheinauen Kölns gesammelt und entsorgt werden konnten, noch bevor sie über internationale Gewässer an den Niststränden der Meeresreptilien wieder auftauchen. Sie möchten gerne selbst an einem Clean-up teilnehmen? Auf der Webseite des World CleanUp Days sind zahlreiche Aktionen gelistet, die zum Mitmachen einladen.